Biotopmanagement & Extensive Beweidung

Naturnahe Beweidung ist der Schlüsssel für Biodiversität

Wussten Sie schon, dass …

  • alle unsere Tier- und Pflanzenarten viele Jahrmillionen mit großen Pflanzenfressern zusammengelebt und sich deshalb hocheffizient an Tritt und Fraß angepasst haben?
  • auch rund 99 % der Geschichte unserer Kulturlandschaft von extensiver Weidewirtschaft geprägt sind?
  • das Rind nicht nur der zentrale Motor der vorindustriellen Wirtschaft war, sondern auch eine essentielle Voraussetzung für unsere moderne Zivilisation überhaupt? Denn das Rind zog den Pflug und den Wagen und war (und ist) die Hauptquelle von Milch, Käse, Fleisch und Leder.
  • ein einziges Rind pro Jahr rund 10 Tonnen Dung produziert, der wiederum 100 Kilogramm Insekten ergeben kann, aus denen wiederum 10-50 Kilogramm Wirbeltierbiomasse (z.B. Vögel) entstehen können?
  • diese einst riesige Nahrungsressource in unserer heutigen Landschaft nahezu komplett fehlt oder aber – wo überhaupt noch ein paar Tiere in der Landschaft stehen – mit Antiparasitenmitteln vergiftet ist?
  • mit den Weidetieren auch die Hauptvektoren der allermeisten Pflanzenarten in unserer Landschaft fehlen und damit ein dramatischer Wandel unserer Vegetation und nicht zuletzt auch unserer Insektenfauna einhergegangen ist?
  • die Mahd einen immensen Faktor für den Biodiversitätsverlust im Grünland darstellt und pro Schnitt zwischen 5 und 80 % der vorhandenen Individuen (quer durch alle untersuchten Tiergruppen) tötet? Sofern dann überhaupt noch Tiere da sind ….
  • auf gut geführten extensiven Weiden plötzlich wieder Tier- und Pflanzenarten auftauchen, die Jahrzehnte lang verschollen waren?
  • die allermeisten Tier- und Pflanzenarten des gemähten Grünlands, auch die so genannten Wiesenbrüter, in Wirklichkeit die letzten Reste einer einstmals hochdiversen Weidefauna und Weideflora sind?
  • naturnahe Weiden mehr Kohlenstoff in ihrem Boden speichern können als Wald und deshalb ein enormes Potenzial für den Klimaschutz darstellen?
  • naturnahe Weidelandschaften spontan von uns als mentale Heimat empfunden werden. Sie sind nicht nur Vorbilder für unsere Landschaftsgärten und Parklandschaften, sondern gehören zu unseren attraktivsten Urlaubslandschaften, z. B. in den Alpen, in Süd- und Osteuropa, Asien und Afrika.

Weidetiere – Die uralten Landschaftsgestalter

Nicht nur die grandiosen Naturlandschaften Afrikas und Nordamerikas, auch die traditionellen Kulturlandschaften Europas verdanken ihre faszinierende Schönheit und ihren immensen Artenreichtum einer Jahrtausende währenden Beweidung durch große Pflanzenfresser. Waren es zuvor Wildtiere wie Wildpferd, Auerochse, Wasserbüffel, Wisent, Elch und Rothirsch, so übernahmen seit der Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit zunehmend Nutztiere wie Rinder, Pferde, Schweine, Ziegen und Schafe deren landschaftsgestaltende Funktionen. Noch bis vor 200 Jahren wurden auch in Mitteleuropa fast alle Nutztiere von Hirten vom Frühjahr bis in den Herbst zur Weide in die freie Landschaft getrieben. Mit der Einführung der ganzjährigen Stallhaltung im Zuge der Industrialisierung begann der zunächst schleichende, in den letzten Jahrzehnten rasante Verlust unserer Tier- und Pflanzenwelt.

(Aus: Information “Verein zur Förderung naturnaher Weidelandschaften e.V.„)

Wie kann es heute wieder gelingen?

Wir wollen weder zurück in die Steinzeit noch ins Mittelalter. Stattdessen muss es uns gelingen, die Tiere unter heutigen förderpolitischen und ökonomischen Rahmenbedingungen wieder auf die Weide zu bringen. Hierfür bedarf es einer breit angelegten Kommunikation und Kooperation zwischen Landwirten, Politikern und Naturschützern, um in der Praxis folgende Vorgaben zu erfüllen.

  • Niedriger Besatz: i.d.R. zwischen 0,2 und 0,5 GVE/ha, d.h. Tiere pro Hektar; entscheidend ist aber immer, der Vegetationsüberstand am Ende der Vegetationsperiode, der als Winterfutter dienen muss.
  • Großflächig: möglichst mehr als 10-20 ha Fläche. Einschluss von Landschaftselementen wie Wald, Gebüsche, Gewässerufer, Quellen, Steilhänge etc.; sensible Bereiche können zeitweise ausgezäunt werden.
  • Lange Weidesaison, wenn möglich auch ganzjährig, dann mit geringer Zufütterung
  • Einsatz vorwiegend großer Weidetiere: Rinder, Pferde, Wasserbüffel, Wisente…., möglichst Robustrassen.
  • Verzicht auf prophylaktische Parasitenbehandlung (stattdessen nur bei sichtbarem Befall)