Tracking the elusive: leafhoppers and planthoppers in tree canopies of European deciduous forests

Nickel H. 2008. In: Canopy arthropod research in Europe: basic and applied studies from the high frontier (eds.: Floren A., Schmidl J.). Bioform, Nürnberg. pp. 175-214.

 

Zusammenfassung

Diese Arbeit bietet einen kurzen Überblick über die taxonomische Erforschung, Gildenzusammensetzung, Lebenszyklen,  Biogeographie (unter besonderer Berücksichtigung fremdländischer Arten), Ökosystem-Funktionen und Aspekte der  Evolution baumbewohnender Zikaden der europäischen Laubwälder. Mindestens 191 Arten, die fast ein Viertel der  Gesamtfauna mitteleuropäischer Zikaden ausmachen, leben permanent im Kronenraum. Weitere 68 Arten vollführen eine  obligate Vertikalwanderung in den Kronenbereich, wo auch der Reifefraß stattfindet. Taxonomisch ist die mitteleuropäische  Zikadenfauna der Kronenschicht im Vergleich mit anderen Regionen der Welt sehr gut bekannt. Obwohl noch eine Reihe  von nomenklaturischen Problemen besteht, ist die Anzahl der Neubeschreibungen seit den 1950er Jahren kontinuierlich  zurückgegangen. Insgesamt sind die Verteilungmuster der Zikadendiversität auf Baumarten mehr oder weniger  deckungsgleich mit denjenigen der Gesamtdiversität phytophager Arthropoden. Häufige, weitverbreitete und großwüchsige  Arten werden stärker bevorzugt, wohingegen Obstbäume, Koniferen und -interessanterweise- Fagus und Fraxinus, zwei  der wichtigsten Waldbaumarten, nur von relativ wenigen Arten genutzt werden. Die Lebensgeschichte der einzelnen Arten  wird stark geprägt durch den herbstlichen Laubfall und das Fehlen von Ressourcen und Unterschlupfmöglichkeiten während  der kalten Jahreszeit. Die wichtigsten Strategien dagegen sind Überwinterung im Eistadium im Gewebe der Wirtspflanze, Überwinterung als Larve im Boden und Überwinterung im Adultstadium auf immergrünen Pflanzen in der Nähe des  Sommerwirtes. Bei nahezu der Hälfte der baumbesiedelnden Zikadenarten sind die Verbreitungsgebiete mehr oder weniger  deckungsgleich mit denjenigen der europäischen Hauptbaumarten, und viele Arten sind in diesem geographischen Raum endemisch. Diese Verteilungsmuster deuten darauf hin, dass Europa von großer Bedeutung für die Evolution und Diversifizierung der Waldflora und -fauna ist. Nahezu alle gebietsfremden Zikadenarten sind Baum- oder Strauchbesiedler, und die  Verschleppung von Eiern mit den Wirtsp anzen spielt wahrscheinlich eine große Rolle. Derzeit sind neun eingeschleppte Arten bekannt, sechs davon stammen aus dem östlichen Nordamerika, zwei aus Ostasien und eine aus Mittelasien. In  dieser Gruppe sind die Cicadomorpha und besonders die Typhlocybinae offenbar überrepräsentiert. Hinsichtlich ihrer  Lebensstrategien sind Polyphage und Eiüberwinterer stärker vertreten als in der einheimischen Fauna. Umgekehrt werden  eingeführte Pflanzen kaum von einheimischen Zikadenarten besiedelt, und unter den wenigen bekannten Fällen dominieren die Generalisten. Angesichts der zentralen Position in vielen Nahrungsnetzen, ihren oft hohen Siedlungsdichten und der Vielfalt von direkten und indirekten Interaktionen, u.a. der Produktion großer Mengen von Honigtau und Exkrementen, Übertragung von Pflanzenkrankheiten sowie durch die Konsumption großer Mengen von Pflanzensaft und Biomasse können die Zikaden wichtige Ökosystemfunktionen beeinflussen. Schließlich lässt ihre Biologie, insbesondere die Vertikalwanderungen, der Wechsel in der Nutzung verschiedener Vegetationsschichten innerhalb nahverwandter Arten  sowie die vollständige Anpassung einiger Gruppen an das Leben im Kronenbereich, Rückschlüsse auf die Evolution von  Insekt-Pflanze-Interaktionen zu, die vor dem Hintergrund des Aufstieges der Angiospermen im Laufe des Känozoikums diskutiert werden.

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